Satire: Adolf Willwoll genießt Urlaub auf Norderney (Nodellei)
Ausschnitt aus der Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“
Home Sweat Home oder zurück in der Heimat
Stumm hatte Adolf Willwoll die ersten zwei Biere in seiner Stammkneipe „Strammer Max“ in sich hineingeschüttet. „Nirgends schöner als zu Hause“, seufzte er dann und erntete damit einen anerkennenden Blick von Erwin, dem Kneipenchef, Freund und Führer der Männerrunde in Berlin. „Aber Urlaub auf Nodellei ist auch schön“, fügte er schnell hinzu. Der scharfe Rudi, drei Theken Hocker weiter, schaute finster. Der war scharf auf seine Erna, wusste Adolf Willwoll und würde ihr umgehend berichten. „Ihr wart doch auf Norderney oder nicht,“ zischte der scharfe Rudi in Richtung Adolf. „Das geht Dich gar nichts an“, brüllte Adolf zurück, kümmere dich um deine Frau“. „Macht er doch“, warf der braune Bruno, der Krach liebte, in den Raum. “Männer“, herrschte Erwin seine Kneipen-Mannen an, „sind wir hier bei den Hottentotten?“
„Die gab es auf Nodellei jedenfalls kaum“, berichtete Adolf Willwoll nun den Kumpels im „Strammen Max“. Da sei fast alles in deutscher Hand. Und er habe ganz tolle arische Tauben gesehen. Er nannte die Insel gerne Nodellei. Das war leichter auszusprechen, besonders nach ein paar Schnaps, Bier oder sonst wie geistigem Getränk.
Arische Tauben
Das seien ganz tolle Vögel, hatte Adolf seinen Freunden berichtet. Die seien fast alle weiß-blond, blauäugig, stark, laut und echt schlau. Die kreisten über der ganzen Insel und hätten alles im Blick. Wenn einer mit einer Pommes zum Beispiel am Strand entlang ginge, dann griffen sie mit Kampfgeschrei an und holten sich ihren Teil. Das seien echte Räuber und coole Germanen-Tauben. Nicht solche gurrenden Schlaffis, wie die Tauben vom Dach der Kneipe nebenan, dem „Hanf Nest“. „Anarcho Kneipe mit Anarcho Tauben eben“, brummte der braune Bruno. Die gehörten genauso vergiftet wie die linken Zecken in der Kneipe. Die sollten mal nach Nodellei kommen, hatte Adolf erklärt, da werde man denen schon die Flötentöne beibringen.
Adolf leiht sich ein Fahrrad aus und trifft coole Insel- Herrenmenschen
Die Ureinwohner von Nodellei seien coole Germanen-Typen, berichtete Adolf. Da werde nicht lange gefackelt. Er habe da was Tolles erlebt, als Erna und er sich ein Fahrrad ausgeliehen hätten. Erst habe er sich mit Erna zwei Stunden Leihräder in vielen Fahrrad-Läden ansehen müssen. Erna habe daraus mal wieder ein Einkaufs-Erlebnis gemacht. Sie hatte sich nicht entscheiden können zwischen einem roten oder blauen oder grauen City Bike und zwischendurch hatte sie laut überlegt, ob sie mal ein E-Bike ausprobieren wolle. Adolf hatte überlegt, ob die Zeit bereits gekommen sei für ein germanisches Machtwort und die Frage, wer hier Herr im Hause sei.
Einige Male hatte Erna ihm aber mit den Mitteln unfairer Strategien, wie er fand, klargemacht, dass Respekt und Zärtlichkeit eine Einheit waren. Er hatte dann jeweils nachgegeben. Erwin, Freund und Führer aus der Männerkneipe „Strammer Max“ hatte erklärt, ein guter Chef müsse auch die Grenzen seiner Macht kennen.
Heute aber hatte die Mannen des Rad Geschäftes „Insel Rad Nodellei“ ihn gerettet. Nachdem Erna dort ihren üblichen Spruch losgeworden war, man suche ein Rad für eine Woche, gut und günstig, hatte der Mitarbeiter im schwarz T-Shirt mit der roten Aufschrift „Hier spricht Fritz“, Erna mit fester Stimme erklärt, er habe zwei passende Räder für beide. Ein niet- und nagelneues für sie und ein erprobtes gutes Rad für den Herrn.
Fritz spricht Nodellei-Machtworte
Ernas Fahrrad war schlicht schwarz und hatte eine Klingel in den Farben schwarz-rot-gold. Erna hatte erklärt, dieses Rad käme in die engere Auswahl. Fritz hatte sie streng angesehen und erklärt, man wähle hier nicht die Miss Norderney, man sei in einem deutschen Fahrrad-Fachgeschäft. Adolf hatte gekichert und wieder einmal gewusst, dass er in Norderney zu Hause war.
Für den Herrn des Hauses habe er ein fahrerprobtes Herrenrad, hatte Fritz erklärt. Adolf könne den Sattel auf seine Größe einstellen. Man habe hier einen deutschen Schnapp-Verschluss für den verstellbaren Sattel.
Aber, hatte Fritz mit fester Stimme und erhobenem Zeigefinger erklärt, die beiden Handbremsen seien nach Anweisung zu bedienen. Man fahre mit diesem Rad erst zwanzig Meter an ein Zielende heran und betätige dann die Rücktrittbremse. Erst zwei Meter vor dem endgültigen Zielende dürfe man die Handbremsen benutzen. Und beim Abstellen sei es strengstens verboten, das Rad in einen der zahlreichen Fahrradständer zu zwängen. Davon bekomme das Rad eine Acht und deren Reparatur koste im Regelfalle hundertsiebzig EURO.
Dabei hatte Fritz mit den Zähnen geknirscht und finster geschaut, ganz nach Nodellei-Seefahrer-Art. Adolf war begeistert gewesen. „Jawohl mein Führer“, hatte er gehaucht und war ergriffen mit dem Rad davon geradelt.
„Ständer einfahren“, hatte Fritz ihm noch hinterher gerufen und Adolf hatte fröhlich gewunken und den Fahrradständer im Fahren mit dem Fuß eingeklappt. Im Rad-Laden „Insel Rad Nodellei“ herrschte noch Zucht und Ordnung und das war gut so, fand Adolf.
Gastarbeiter auf Norderney und neue Buchung
Danach hatte Adolf Willwoll entspannt mit seiner Erna im Strandkorb gekuschelt. „Endlich angekommen“, hatte er gemurmelt und Erna im Arm gehalten. Soweit sein Auge blicken konnte, gab es keinen Ausländer am Strand. Mit Ausnahme der Kellner in den Strand-Cafés. Das sei in Ordnung, hatte Adolf seiner Frau Erna mitgeteilt, ein Ausländer in Deutschland sei ihm als Gastarbeiter willkommen, wenn er auf Zeit Gast in Deutschland sei und arbeite.
Für das nächste Jahr habe er bereits einen Insel Urlaub gebucht, hatte er Erwin, dem Kneipenbesitzer, Freund und Führer aus dem „Strammen Max“ anvertraut. Germanen-Tauben und coole, knorrige Germanen-Typen, das müsse man genießen, solange es diese noch unverdorben auf der Insel Nodellei gebe.