Satire: Seherin Karla und der Terrier Sir Winston

Auszug aus dem Satire-Buch: Neues aus Klingebiehl (Westfalen)

Karla und Jung-Terrier Winston: Liebe auf den ersten Blick

Karla hatte sich als Haushund einen Terrier zugelegt.  Alle, die Karla kannten, hatten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Sie brauche einen lieben Pudel, hatte ihre Freundin Theresa erklärt, im Orte für die Presse, die Kirche und den Tierschutz verantwortlich. Ein  Terrier sei ein als Teddy verkleideter Jagdhund, wild und extrem schlecht in den Griff zu kriegen.

Karla hatte trotzig geantwortet, sie sei mit den letzten drei Männern in ihrem Liebesleben nicht fertig geworden. Jetzt sei es Zeit, der Männerwelt ein Zeichen zu setzen. Sie hatte den kleinen Terrier Sir Winston genannt. Den hatte sie für viel Geld beim Züchter erstanden. Der hatte erklärte, ein Terrier brauche starke Führung. „Kann er haben“, hatte Karla knapp erklärt und ihren Winston zu Hause für die erste Kuschelrunde gleich mit ins Bett genommen. „Winston und ich“, hatte sie gepostet und den kleinen Winston und sie, im Bette liegend, ins Netz gestellt. „Liebe auf den ersten Blick“, hatte sie unter das Bild geschrieben.

Seherin Karla und Männer-Ärger

Karla hatte ihrer besten Freundin Elke ein rasches Ende ihrer Liebesbeziehung zu Ferdinand vorausgesagt. Der sei wie ihr Bernd, ihr letzter Lover. Gut mit dem Mund unterwegs, also große Klappe, aber unzuverlässig. Das werde keine sechs Monate gut gehen. Als Ferdinand und Elke zwei Jahre zusammen waren, hatte sie erklärt, der Ferdinand sei eben ein ganz heimlicher. Das werde Elke schon noch feststellen.

Karla hatte so ihre Erfahrungen mit Männern gemacht. Ihr erster Mann hatte Terrier-Eigenschaften gehabt, er hatte gerne den Boss gespielt. Als er dann noch geprahlt hatte, den besten Sex seines Lebens mit Karlas bester Freundin gehabt zu haben, hatte sie ihn rausgeschmissen. Der Typ danach war unterhaltsam im Bett gewesen, wenn er aufgetaucht war. Im Laufe der nächsten Jahre hatte sie ihn dann häufiger in der Zeitung auf der lokalen Politik-Seite gesehen, als bei sich zu Hause. Und irgendwann war er einfach ganz abgetaucht. Die Arbeit fresse ihn auf, hatte er in der letzten Mail an sie geschrieben.

Sie könne es den Männern an der Nasenspitze ansehen, was das für Schweine seien, hatte sie dann die Freundinnen-Welt wissen lassen. Sie stünde als Ratgeberin zur Verfügung, sie habe seherische Fähigkeiten.

Sie hatte dann in der Lokal-Kneipe bei „Hähnchen Heini“ einen Job hinter der Theke angenommen. Über der Kneipe gab es ein Hotel für den rustikalen Handwerker auf Tour. Die guten Hähnchen und  Fritten unten und die billigen Zimmer oben hatten Karlas Männer-Bild bestätigt. „Männer sind Schweine“, hatte sie gepostet. Manche von ihnen seien ganz niedlich, die sogenannten „One Night Eber“, aber im normalen Haushalt nicht zu gebrauchen. Das habe ihr Seher-Blick ganz klar gesehen.

Sir Winston dreht auf und zahlt einen hohen Preis

Der junge Sir Winston war in Karlas Wohnung bald zur Terrier-Höchstform aufgelaufen. Die Hand, die ihn streichelte, biss er, Leckerlis quittierte er mit Knurren. Hunde-Coach Elke hatte erklärt, jetzt müsse Frau zu Maßnahmen greifen. Als erstes hatte es Sir Winston seine Eier gekostet. Diese hormonelle Schädigung hatte Winston kurzfristig ermüdet. Dann aber hatte er wieder schlechteste Terrier-Manieren an den Tag gelegt. Hunde-Coach Elke hatte einen Elektro Schocker um den Hals empfohlen, die sogenannte Gentleman-Krawatte. Wann immer Sir Winston nicht parierte, durchfluteten ihn satte 1000 Volt, er fiel dann einfach um. Sir Winston konnte sich das Ganze nicht erklären und verfiel in ein sehr seltsames Verhalten. Mal winselte er unterwürfig und erbärmlich, dann biss und knurrte er alles an, was ihm über den Weg lief. Der Hund sei neurotisch, hatte Hunde-Trainerin Elke achselzuckend erklärt. Sie rate Karla nach wie vor zum netten Königspudel, gut anzusehen und extrem friedlich. So müssten Hunde und Männer sein. Sir Winston sei vielleicht noch zur Jagd zu gebrauchen. Ansonsten rate sie, Sir Winston zur Adoption freizugeben.

Die „Karla Männer und Hunde Seite“ im Netz

Karla hatte erklärt, so billig käme ihr der Winston nicht davon und hatte die „Karla Männer und Hunde-Seite“ im Netz eingerichtet. Sie bot dort ein Beratungs-Forum an für Frauen mit schwierigen Männern und Hunden. Diese Seite beschäftigte sie ebenso stark wie Sir Winston. Der durfte nun gelegentlich zu Hunde-Partys. Ein Hunde Züchter hatte diese für  gestresste und überforderte Hunde- Besitzer erfunden.

Man gab dort seinen Hund für ein Wochenende ab. Einfach so per Unterschrift und mit totaler Machtübergabe an den Hunde-Züchter. Klagen und Schadenersatzforderungen waren ausgeschlossen und das Ganze kostete viel Geld. Auf zwei abgesteckten Wiesen mit hohen Zäunen tobten die Hunde herum, erlebten den Rückfall in die Natur.

Sir Winston wurde nach den Partys regelmäßig vom Besuch weiterer Partys für ein halbes Jahr ausgeschlossen. Karla konnte das gut verstehen. Sie sah weiteren Ärger mit Sir Winston und Männern auf sich zukommen. Sie war eben eine Seherin.