Satire: Corona-Krise im Hotte Garten
Auszug aus dem Satire-Buch: Hotte-Hoppe-Heiter
Der Corona Virus versaut Hotte das Frühstück, die Laune und Ehefrau Irene das Geschäft
Missmutig legte Vermieter Hotte die Münster-Nachrichten neben seinem Kaffee ab. Münster gehöre zu den Städten mit stetigem Zuwachs an Corona Infizierten, hatte er gerade gelesen und der Appetit auf ein zweites Vollkorn Brötchen mit Dinkelzusatz aus biologischem Anbau war ihm vergangen. Er kaufe sich doch keine Zeitung, um sich das Frühstück versauen zu lassen, hatte er erst gestern seiner Ehefrau Irene erklärt. Als ob der Ärger mit den Mietern in seinem Hause nicht ausreiche. Er hatte am Gartentor ein riesiges Schild befestigt. Darauf stand: „Hier gilt das Hotte-Recht. Husten verboten. Es wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht“.
Gerade eben hatte er eine Schrotladung zum Balkon im ersten Stock geschickt. Hatte es doch dieser Mieter gewagt, vom Balkon herunter zu schauen und dabei zu hüsteln. Nun tropfte ein wenig Blut vom Balkon herab, aber die Infektionsquelle war ausgeschaltet worden. Ein typischer Kollateralschaden im Kampf gegen das Corona-Virus, tröstete sich Hotte. Er hatte seinen Rechtsanwalt angewiesen, diesem Mieter-Dreistling fristlos zu kündigen.
Auch Ehefrau Irene war von der Corona-Krise gebeutelt. Ihr Fußpflege-Salon leide entsetzlich unter der Corona-Hysterie, hatte sie übelgelaunt erklärt. Sie trage im Übrigen immer eine Schutzmaske bei der Arbeit und bei manchem Kunden aus dem Münsterland sogar eine Gasmaske. Der Schweißfuß aus dem Münsterland sei unter den Fußpflegern sehr gefürchtet. Ihr nun aber den Fußpflege-Salon zuzumachen, zeige wieder einmal die Praxisferne der deutschen Verwaltung.
Gilt das Kontaktverbot auch für den Zwergen Garten?
Vermieter Hotte, auch Schriftführer des Vereins „Dein Zwerg und Du“, war in Gewissensnöten, Zwergen bedingt. Er hatte im Laufe der letzten Jahre einige Zwerge in seinem Garten aufgestellt. Zu viele, behauptete seine Frau Irene. Sie wisse schon nicht mehr, wo sie den Liegestuhl noch aufstellen dürfe. Er fragte sich aktuell, ob sein Frühstück im Zwergen-Garten gegen das Corona-Kontaktverbot verstoße. Sein Ehrgeiz als Künstler und Freund der Zwerge hatte ihm bereits einigen Ärger mit der Politik und Obrigkeit eingebracht.
Er leiste sich unnötig provokante Zwerge, hatte Münsters Oberbürgermeister Hotte bereits wissen lassen. Auch ein nur angedachter Helmut Kohl-Zwerg in seinem Garten zum Beispiel, habe nichts mit künstlerischer Freiheit zu tun, sondern sei ein Zwergen-Aufstand gegen die Helden und Heiligen dieses Landes. Schneewittchen und die sieben Zwerge oder die Bremer Stadt Musikanten als Zwerge, das gehe an, das kränke Niemanden in der Dom-Stadt. Er als OB-OB, diesen Titel leistete sich nur die Stadt Münster, erwarte von seinen Bürgern Demut und Anstand, besonders wenn sie im inneren Bereich der Stadt wohnten und vom kostenlosen Glockengeläut profitieren dürften.
Hotte hatte die Frage der Freiheit des Künstlers im Verein diskutiert und auch mit seinen Zwergen. Es stimme nicht, dass man mit Zwergen nicht reden könne, hatte er im Verein erklärt. Und genau deshalb plagten Hotte nun Skrupel und Ängste; denn immerhin hatte er als Schriftführer des Vereins eine Vorbildfunktion. Er hatte über zwanzig Keramik-Freunde in seinem Garten versammelt und das auf engstem Raum. Das Ensemble, Schneewittchen und die sieben Zwerge, in Corona Zeiten gegen Ansteckung zu schützen, erschien im schwierig. Wie sollten sich alle sieben Zwerge denn in tiefer Trauer über den Sarg Schneewittchens beugen können bei einem zwei Meter Abstand voneinander. Er hatte, in Absprache mit dem Vorstand des Vereins, „Dein Zwerg und Du“, vor Tagen bereits eine SOS-Mail mit dieser Frage an das Ordnungsamt Münster geschickt. Den feinen Herren dort schien die Frage allerdings nicht systemrelevant zu sein.
Ihm fehlt es wohl an sittlicher Reife, hatte man ihm auf seine tausendste Mail geantwortet. Zwerge seien unbelebte Sachen. Gruppendynamische Ängste wie auch posttraumatische Belastungsstörungen seien bei Gartenzwergen auszuschließen. Man empfehle ihm angesichts seiner Über-Sensibilität und Aufmüpfigkeit einen Besuch beim Psychiater.
Hier hatte Hotte seinen Anwalt, Dr. Theodor von Torf, ins Spiel gebracht, wie auch seine guten Kontakte zur Stadt Münster. Er hatte das Törfchen, so gestattet sich Hotte, seinen alten Schulfreund aus Messdiener Tagen und Rechtsanwalt zu nennen, beauftragt, die Stadt zu verklagen wegen seelischer Grausamkeit gegen Kleinwüchsige aus Keramik. Die intime Nähe eines Zwergen-Ensembles zu zerstören, sei maßlos. Hier schieße das Corona Kontaktverbot weit über das Ziel hinaus. Die Liebe sei ein höheres Rechtsgut als die Gesundheit.
Günter K. wünscht sich Schutzmasken für die Gartenzwerge
Hotte hatte auch einen alten Möchte-Gern-Mieter, den Günter K., der seit Jahren versuchte, bei Hotte einzuziehen, angerufen und gefragt, ob er mal vorbei kommen könne, um in der Sache tätig zu werden. Er sei ein wichtiger Mann in Münsters Regierung, hatte Günter K. oft erklärt. Und das Vitamin Beziehung, das Vitamin B, sei in Münster besonders wichtig.
Doch Günter K. hatte die Einladung diesmal empört abgelehnt. Per Mail hatte er erklärt, wenn Hotte davon ausgehe, dass es sich bei seinen Zwergen um belebte Dinge handle, gar Menschen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches, dann müsse er auf den Besuch im Hotte Garten verzichten. Mehr als zwei Menschen dürften sich heute nicht im öffentlichen Raum treffen. Ausnahmen im privaten Raume gäbe es nur bei Familien oder intim Verbandelten. Er sei aber kein Mitglied der Hotte Familie und auch kein Zwerg oder sonst wie intim verbandelt. Sein Mut werde vielfach als zwergisch gerühmt, wie auch sein Auftreten. Aber dieses Lob der Kollegen sei mit Vorsicht zu genießen, sei es doch immer von einem hämischen Lachen begleitet. Das treffe ihn als Schöffenrichter aus Leidenschaft besonders. Sei doch sein untadlig blauer Anzug, passend zum braun getönten Haar, in Kombination mit über die Jahre antrainierter Hagerkeit, Ausdruck von gesellschaftlicher Loyalität, gutem Geschmack und Staatstreue. Kurzum, als treuer Diener des Staates, sei ihm dieses Treffen nicht zuzumuten. Günter K. hatte Hotte vorgeschlagen, den Gartenzwergen Schutzmasken vor das Gesicht zu binden. Das zeige dann Hottes Gehorsam und sei Ausdruck seines Wollens, seinen Zwergen-Garten im Sinne der Gesetzestreue zu gestalten. Das komme in Münster immer gut an.
Hotte war gerührt gewesen und hatte sich vorgenommen, seine Kunst zukünftig der Günter K.-Zensur zu unterwerfen. So bot die Corona-Krise ihm die Chance, zum Raphael der Zwergen Kunst Münsters aufzusteigen.