Satire: Kohl-Food für Alle

Ausschnitt aus der Satire-Sammlung: Neues aus Klingebiehl und Kocholt

Die Helmut Kohl-Kantine in Kocholt

Theken-Frau Frizzi hatte Prof. Florenz in der „Fritten Schmiede“ in Klingebiehl ihr Handy gezeigt. Jetzt glaube sie auch, dass in dem Grenz-Kaff schlimme Dinge geschähen. Heute morgen habe sie Kocholt im Netz gegoogelt und im Internet den Artikel gefunden: „Bürgermeister in Kocholt fordert Kohl-Food für Alle“.

Im Artikel war zu lesen, dass der Bürgermeister auf der letzten Ratssitzung erklärt habe, die Kantine im Rathaus heiße ab heute Helmut Kohl-Kantine. Ein donnernder Applaus der parteiübergreifenden Kohlianer im Rathaus habe eine Abstimmung überflüssig gemacht. Die Kohlianer seien eine Bewegung, welche ein Leben nach den Regeln des langjährigen Bundeskanzlers Helmut Kohl anstrebe.

Im Artikel hieß es weiter, der Bürgermeister sei zu diesem Beschluss kraft seines Amtes und dank seiner geistig moralischen Überlegenheit als Kohlianer gekommen. Gelobt sei der Kohl, habe es durch das Rathaus geschallt. Seitdem alle Führungskräfte im Rathaus per Dienstanweisung die Helmut Kohl-Brille in der Original Stärke von 1969 trügen, sehe man die Welt in Kocholts Führungsetagen verschwommen, aber ungetrübt durch die Wirklichkeit, somit glasklar kohlianisch.  

Die Rechtsabteilung habe die Entscheidung in einer Öffentlichkeitserklärung verdeutlicht. Der Beschluss sei von klaren Kohl-Werten getragen. In Kocholt werde niemand verkohlt. Gekräftigt durch die Kohl-Diät, die da laute, „Lasse nur noch Sachen mit Kohl in deinen Mund und Magen“, sei man zu ungeahnten geistigen Höhen aufgestiegen. Fast habe man dabei den Mantel der Geschichte berührt, besser und kohlianisch gesprochen, den „Mantel der Gechichte“. Diese heiligen drei Worte seien zitiert aus den Versen der Kohl Fibel, Buch Fünf, Vers Neunzehn.

Die Speisekarte der Helmut Kohl-Kantine

Die Rechtsabteilung habe geschrieben. Der moralische Grundsatz des Handels der kohlianisch geläuterten Stadt Kocholt laute: „Alles mit und von Helmut Kohl ist gut“. Bezogen auf den Speiseplan der neuen Kohl-Kantine hieße das, alle Menüs der Kantine müssten aus Kohl-Zutaten bestehen oder sich ableiten lassen aus dem Lebensweg des Großen Helmut.

Die Grundlage deutschen Essens sei fortan nicht mehr die Kartoffel, sondern Kohle. Hier seien Braun- und Schwarzkohle gleichermaßen zugelassen. Die Kohle sei ein Sedimentgestein, entstanden durch Inkohlung pflanzlicher Biomasse. Die Kohle bestehe zu vier Buchstaben aus Kohl, was weder auf Mehl noch Reis zuträfe. Der Kohl-Ethik-Rat der Stadt habe die Volkshochschule der Stadt, wie auch die Schulen mit kohlianischem Rückgrat und Intelligenz aufgefordert, unverzüglich Kochrezepte zu liefern. Eine kohlianische Biomasse sei, laut Lexikon, bei der Kohle vorhanden. Hier müsse man ansetzen.

Die optimale Kohl-Speisekarte zeichne sich durch Grünkohl und Schwarzkohl, Weißkohl und Rotkohl aus. Auch Kohlrabi sei ein edles Gemüse. Kohl-Rouladen seien ebenso wie eine Kohl-Suppe hervorragend geeignet, Menschen mit festen Werten zu formen. Mit der Kohl-Brille betrachtet, seien Rotkohl und Grünkohl eigentlich ungenießbar. In der Kohl-Kantine seien Rotkohl und Grünkohl deshalb nur als kleine Beilagen zu verwenden. Die Farben Rot und Grün seien moralisch nicht unbedenklich. Bei einem größeren Konsum könne der Bürger Schaden an seiner Seele und am Hirn erleiden. Der Kohl-Akademie lägen hierzu Studien vor.

Das Essen in der Kohl-Kantine ist kohlal

Eine weitere Bereicherung des Speiseplans ergebe sich aus dem Studium des Lebenswegs Helmut Kohls. Was der gegessen habe, könne nur gut sein und stark machen im Sinne einer Werte-Union. Bekannt sei, dass Helmut Kohl auch gerne Pizza gegessen habe. Der Pfälzer Saumagen aber sei sein Lieblingsessen gewesen. Der Saumagen sei einst ein Restessen armer Leute gewesen. Das Rezept laute: man nehme eine Masse von Schweinefleisch, Zwiebeln und Erdäpfeln und Gewürzen. Diese Mischung fülle man in Mägen oder Därme. Dann sei alles mit heißem Wasser zu garen. Dazu munde ein trockener Weißwein, wie ein Riesling, ausgezeichnet. Somit sei der Speiseplan der Kohl-Kantine vielfältig, gesund und ethisch rein. Das Essen sei kohlal, so wie gutes muslimische Essen halal sei, also ethisch zulässig und erlaubt.

Der Lebensweg von Helmut Kohl und der Bürgermeister heißt nun Belmut

Die Kohlianische Ethik und die Zehn Gebote hätten viel Ähnlichkeit, hatte es im Schreiben der Rechtsabteilung geheißen. Wenn alle Menschen die Zehn Gebote einhielten, sei ein christliches Leben weltweit möglich. Wenn alle in Deutschland sich kohlianisch verhielten, sei eine herrliche Werte-Union in Deutschland das Ergebnis. Die Christen erforschten seit Jahrhunderten den Lebensweg von Jesus Christus. Die Erkenntnisse seien im Neuen Testament niedergeschrieben und seien die Grundlage des christlichen Glaubens. Der Lebensweg von Christus sei für die Christen eine Quelle der Erkenntnis. Das gelte auch für den Lebensweg Helmut Kohls, der allerdings sei noch viel zu unerforscht.

Von der Sitzung wurde weiterhin berichtet, der Bürgermeister von Kocholt habe auch eine Namenänderung bekannt gegeben. Er werde seinen Vornamen Bernd kohlianisch veredeln. Er wolle in Zukunft mit Belmut angesprochen werden.