Satire: Führer Fiffi dirigiert die Erst- und Zweitstimme im Wahllokal
Teil der Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“
Adolf Willwoll will bei der Wahl keine Zweitstimme
Ende September sei mal wieder Bundestagswahl, hatte Kneipenbesitzer Erwin fast beiläufig bemerkt. Ob man da geschlossen hin marschieren solle, um national zu wählen, hatte der Braune Bruno gefragt. Adolf Willwoll hatte mürrisch erklärt, er gehe da nicht hin, da müsse er mindestens einen Kilometer laufen und die Frau von seinem Vermieter sei in seinem Wahllokal Wahlhelferin, das wolle er sich nicht noch mal antun. Der scharfe Rudi hatte interessiert gefragt, wie die denn aussehe. Die sei Lehrerin, hatte Adolf erklärt und sehe eigentlich nicht schlecht aus. Sie sei aber schwierig und habe ihn eigentlich gezwungen, zur Wahl zu gehen. Und dann habe sie ihn vor allen Leuten gefragt, ob er die Wahlzettel richtig verstanden habe, und vor allen Dingen, ob er den Unterschied zwischen der Erst- und Zweitstimme kenne. Er habe beim letzten Mal sehr deutlich und laut erklärt, er brauche keine Zweitstimme. Eine Stimme reiche völlig aus, um jedem klar zu machen, wo er stehe, und er habe damals die erste Strophe vom Deutschland Lied gesungen. Irgendwelche unmusikalischen Wahlhelfer hätten ihn damals aus der Wahllokal geworfen, als er „Deutschland, Deutschland über alles“ geschmettert habe. Und seine Miete sei auch erhöht worden. Er habe die Schnauze voll von dieser unpatriotischen Veranstaltung, wo man unnötigerweise auch eine Zweitstimme habe, wo das Singen aber verboten sei.
Führer Fiffi will den Ton angeben
Erwin, Kneipen-Besitzer, Freund und Führer der Berline Kneipe „Strammer Max“, hatte die Augen gerollt und erklärt, dass mancher hier im Theken-Kreise wohl nicht die hellste Kerze auf dem Geburtstagskuchen sei. Wer denn Geburtstag habe, hatte Adolf Willwoll misstrauisch gefragt. Ihm habe heute noch keiner einen ausgetan.
Ferdinand Friedrich Fittner, von Freund und Feind kurz Fiffi genannt, hatte erklärt, offensichtlich sei bei der Veranstaltung im Wahllokal Führerqualität gefragt. Er sei bereit, das mit der Erst- und Zweistimme zu übernehmen. Er sei zwar kein Dirigent, aber beim Roten Kreuz da sängen sie auch schon mal ein Liedchen und er sänge einen ganz passablen Tenor und er könne den Ton angeben.
Erwin, den sie auch gerne den Wüstenfuchs oder Rommel nannten, hatte gebrüllt, es ginge im Wahllokal ums Abstimmen und dieses Mal um eine Richtungsentscheidung. Fiffi hatte beleidigt zurückgebrüllt, es habe ihm keiner gesagt, dass er dabei eine Stimmgabel brauche und das Singen ginge auch ohne. Es müssten ihm alle nur nach nachsingen, das könne man ja üben. Er sei bereit, den Ton anzugeben, egal ob für eine oder mehrere Stimmen. Er verlange aber absoluten Gehorsam, sonst stehe er nicht zur Verfügung.
Der scharfe Erwin und Frau Lehrerin
Der scharfe Erwin hatte erklärt, bevor er bei irgendwas mitmache, wolle er zumindest ein Bild von der Lehrerin sehen. Besser noch wäre es, bevor er in einen Chor eintrete, um Frau Lehrerin zu gefallen, die Lehrerin in Natur sehen. Im Internet arbeiten die Frauen heute auch mit allen Tricks und bevor er sich von Fiffi dirigieren ließe, wolle er wissen, ob sich der Einsatz lohne. Ob Adolf ihm die Adresse der Lehrerin geben könne. Er könne ja mal bei ihr klingeln und ganz dumm fragen, ob sie glücklich sei. Adolf Willwoll hatte erklärt, wenn der scharfe Rudi es wagen solle, in seinem Haus bei irgendeiner Frau anzuklingeln und rein zufällig auch bei seiner Eva, die dort mit ihm wohne, dann werde er ihm dermaßen eine hauen, dass ihm die Lust aufs Musikmachen für lange Zeit vergangen sei.
Erwin gibt eine Lokalrunde und verkündet die Tagesparole: erst mal nix tun
Es war sehr laut geworden im „Strammen Max“ und Adolf, Rudi und Fiffi hatten sich aus unterschiedlichen Gründen prügeln wollen. Erwin hatte allen eine Kopfnuss verpasst und dann eine Doppel-Lokalrunde „Herrengedeck“ aus der Vereinskasse geschmissen. Man müsse jetzt erst mal die Ruhe bewahren, hatte er dann befohlen und dann hatten alle den Schnaps und das Bier getrunken. Dann müsse man die Anarchos von der Kneipe gegenüber, dem Hanf Nest, scharf im Auge behalten. Die hätten ihre Kneipe Rot-Grün beflaggt und sprächen von einer ökologischen Macht-Übernahme. Diese Öko-Polit-Kommissare sprächen von einem Systemwechsel. Das habe er selber gehört, als er vor dem „Strammen Max“ gefegt habe. Die wollten Autos verbieten und alle sollten nur noch Rad fahren dürfen und das Benzin solle auch teurer werden.
Alle im „Strammen Max“ hatten daraufhin beschlossen, morgen erst einmal die Autos vollzutanken und vorsichtshalber schon mal die Fahrräder zu überholen. Erwin solle diese Radikalinskis weiter scharf beobachten und belauschen. Dann werde man weitersehen.