Satire: Linni und das süße Geheimnis
Ausschnitt aus dem Satire-Buch: Friedrich Merz- Die Abenteuer von Merzi und Linni
Hardy Linnis Kisten- und Christenfrage
Hardy Linni war in Merzis Büro gestürmt. „Hab ich nicht, Schnauze voll, Hab ich nicht,“ hatte er in einer Tour gebrüllt und sich die Ohren zugehalten. Dann hatte er sich auf die Besucher-Couch fallen lassen und losgezetert. Er habe der BILD-Zeitung keine Homestory angeboten. Er könne die Frage nicht mehr hören, wie es der Familie gehe. Bei der Floskel „Gruß an die Frau Gemahlin“ kribbele es ihm in den Fingern. Und wenn einer ihn frage, wo er mit seiner Familie in den Sommerferien hinfahre, habe er Lust, den zu ohrfeigen. Das Leben sei doch mehr als ein Karnickelfest oder ein öffentlicher Paarungsball. Wen gehe es denn etwas an, mit wem er wann in die Kiste steige und wie oft. Er hatte den berüchtigten Linni–Ratten–Blick in den Augen, als er fortfuhr.
Er sei in einer christlichen Partei und er respektiere die zehn Gebote und wenn es sein müsse auch zwanzig Gebote. In den zehn Geboten und im Katechismus stehe aber nichts darüber, dass ein Christ verheiratet sein müsse, Kinder in die Welt setzen müsse und dann noch dauernd darüber reden müsse. Er ehre Vater und Mutter, lüge und betrüge nicht. Er sei ein guter Christ, getauft und gefirmt und Messdiener sei er auch gewesen.
Käse- und Saft-Blätter und Linnis süßes Geheimnis
Warum fragten ihn christliche Käse-Blätter und andere dauernd nach Frau und Kindern. Er sei Politiker und kein Society-Boy. Er gehe mit seiner Liebe und Familie nicht hausieren. Er werde seine Intimsphäre schützen. Wenn irgendein Saft-Blatt schreibe, er habe wohl ein süßes Geheimnis, weil er nichts über seinen Familien-Stand sagen wolle, dann verweise er gerne auf das Internet. Da würden diese dämlichen Paparazzi auch nicht schlauer. Diese Papa- und Family-Razzi seien eine mediale Pest.
Linni verteidigt das christliche Abendland
Dann war Linni aufgesprungen und hatte sich in die Brust geworfen. Er stehe ein für christliche Werte und notfalls werde er dafür mit Feuer und Schwert kämpfen. Er wolle die christliche Gesellschaft und den Glauben vor muselmanischen Heiden und Kopftuch-Träger-Banden schützen. Überhaupt sei er ein großer Beschützer. Es gelte, deutsche Schulen vor dem Ansturm artfremder Kids zu schützen und deren fremdländischem Geraune. Er habe gehört, in den USA sprächen viele Politiker neben Englisch auch Spanisch, weil Spanisch die meist gesprochene Sprache in den USA sei. Die meisten Migranten in Deutschland kämen aus Russland und der Türkei. Gerne sei er bereit, in beiden Sprachen die Worte „auf nimmer Wiedersehen“ zu lernen. Wenn die Musel-Pimpfe und Wodka-Kids ordentlich und ohne Akzent deutsch könnten, seien sie ihm in deutschen Schulen willkommen. Wenn deren Eltern vorher als Zeichen ihres Integration-Willens in seine Partei, die DCBuH, einträten, würde das ihren guten Willen unterstreichen.
Linni fordert Wachsamkeit
Heute müsse das deutsche Volk gut aufpassen. Helmut Kohl habe fünf Millionen Russen die Tür nach Deutschland geöffnet. Er habe sie Wolga-Deutsche genannt. Das habe er damals wohl mit seinen Fischen im Aquarium des Bundeskanzleramtes diskutiert und beschlossen. Er sei jedenfalls nicht gefragt worden und er kenne auch niemanden, den der schwarze Riese in dieser Angelegenheit gefragt habe.
Heute hätten diese Jungs fast alle Kleingärten in Deutschland übernommen, die im übrigen jetzt Datscha-Clubs hießen. Der deutsche Dackel sei vom russischen Schäferhund verdrängt worden. Curry-Wurst und Schnaps seien durch Salamiwurst und Wodka ersetzt worden. Jetzt werde Deutschland von Ukrainern erobert. Die Ampel-Regierung in Berlin habe auf dauergrün geschaltet. Die Ukrainer seien halbe Russen. Zähle man fünf Millionen Russen und zwei Millionen Ukrainer zusammen und zähle noch die eine Millionen Polen hinzu, die in Deutschland lebten, dann habe man acht Millionen Ost-Europäer an Bord des Schiffes Deutschland.
Linni hatte sich wieder auf die Couch fallen lassen. Er hatte Merzi herausfordernd angeschaut, der sich gerade in seinen Taschenrechner vertieft hatte. Das alles bringe ihn wieder zur Frage zurück, wie es seiner Frau gehe, hatte Linni triumphierend gebrüllt. Wer in den Ostblock-Kreisen nicht saufe, bis die Schwarte krache und seiner Frau jedes Jahr ein Kind beschere, der gelte als schwul. Wenn das so weitergehe, werde er zur Feministin. Er erkläre hiermit feierlich, sein Körper gehöre ihm und wen er befruchte, gehe niemanden was an.
Choleriker und Verbal-Erotiker in der DCBuH?
Merzi hatte Linni streng angeschaut und gefragt, ob er zur seltenen Gattung der westfälischen Choleriker gehöre. Dann hatte er ihm eine therapeutische Kopfnuss verpasst. Zur Sicherheit sogar zwei. Doppelt genäht hält besser, hatte seine Mutter immer erklärt und ihm nach guter Sitte des Sauerlandes immer gleich zwei Ohrfeigen gegeben. Es habe ihm nicht geschadet, hatte Merzi gerne in seinem Verbindungshaus geschwärmt. Die Kids heute träumten alle von Sozialhilfe und Therapie, ein Satz warmer Ohren sei vielleicht auch hilfreich.
Die alten Herren seiner farbentragenden Verbindung hatten dann anerkennend genickt und es hatte ihm nicht geschadet, diesen Bullshit zu reden. Immerhin nannte er nun einige Privat-Flugzeuge sein Eigen und er hatte eine Menge Kohle auf dem Konto. Wenn er tags drauf auf seinem Motorrad wieder in das Sauerland gebraust war, hatte er sich gern einen tollen Hecht genannt. Und einmal war es ihm sogar gelungen, sich bei 200 Stundenkilometern auf die Schulter zu klopfen. Was zähle, sei Geld, Macht und Sex, hatte ihm ein alter Herr aus der Verbindung einst ins Ohr geflüstert, bevor er sein Bierglas zum x-ten Mal auf das christliche Abendland erhoben hatte.
Linni hatte Merzi nun angezischt, ob er zur seltenen Gattung der Sauerländer Verbal-Erotiker gehöre. Merzi hatte Linni nun sehr finster angeschaut und erklärt, Linni sei nicht der Generalsekretär einer liberalen Partei, wo immer alles gehe, Hauptsache die Kohle stimme und die Steuern seien niedrig. Das „C“ im Parteinamen stehe für christlich und da sei es schon von Vorteil, eine Frau und Kinder vorweisen zu können. Und den Komplizierten zu spielen, sei nicht unbedingt christlich, obwohl das Kreuz aus mathematischer Sicht auch ein gewagtes Konstrukt sein. Ob es einen tieferen Sinn habe, dass in seinem Büro das Kreuz auf dem Kopf hinge.
Hardy Linni war mittlerweile zum sehr bösen Ratten-Blick mit Zischen übergangen. Wenn er sich angegriffen fühlte, konnte er vom netten Wunsch-Schwiegersohn mit Stan Laurel-Touch sehr schnell in den scharfzüngigen Rattenangriff wechseln. Oft genug hatten ihn Freud und Feind in Ratterborn unterschätzt. Mit ebenjenem Blick hatte er Merzi angeschaut und gezischt, Merzi solle mal bei der Politik bleiben und nicht den sauerländischen Schlaufuchs geben.
Wer ist Tina Linnemann?
Hardy Linni hatte sich erhoben und Merzi nachdrücklich angeschaut. Es gelte sein Wort, dass er nie etwas öffentlich zu Frau oder Kindern sagen werde. Er werde immer wieder gefragt, ob er eine Tina Linnemann kenne. Die sei in Ratterborn mal als Rechtsanwältin gemeldet gewesen. Die lebe nun in Aachen und hieße ganz anderes. Er frage sich, was das solle. Er sei ein Abgeordneter aus Ratterborn, aber doch nicht öffentliches Klatsch-Eigentum.
Wer was über ihn wissen solle, der solle sich im Internet schlau machen. Er sei auch nicht aus der Kirche ausgetreten und schwul sei er schon gar nicht. Und nochmals, er werde niemandem eine Homestory geben. Und sein süßes Geheimnis sei bei ihm gut aufgehoben und sicher verwahrt. Mit diesen Worten war Hardy Linni türenknallend aus dem Zimmer gestürmt.