Satire: Toter Rabe und Grüne Vitrine
Ausschnitt aus der Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“
Sonnenblume und Rabengier
Ein großer Vogel, vermutlich ein Rabe, befand sich im Sturzflug auf die Sonnenblume in der Glasvitrine vor dem „Hanf Nest“. Diese Woche durften die Grünen die Vitrine gestalten, in der nächsten Wochen die Linken im „Hanf Nest“. Die Grünen hatten eine getrocknete Sonnenblume mit gut erhaltenen Sonnenblumenkernen hineingelegt und das Kunstwerk die „ewige Sonnenblume“ genannt. Der Rabe hatte die Glasvitrine um die Sonnenblumenkerne zu spät bemerkt und war ungebremst dagegen geflogen. Angeschlagen und verwirrt war er einige Schritte um die Glasvitrine herum getorkelt, dann war er tot umgefallen.
Es war nicht der erste Vogel vor dem „Hanf Nest“, eine Rot-Grüne Szenekneipe in Berlin, dem seine Lust auf Sonnenblumenkerne zum Verhängnis geworden war. Die Aktion „Ewige Sonnenblume“ als solche, war im Viertel in Berlin aber gut angekommen.
Die Unter-Fraktion „Grüne Natur in Berlin“ hatte zähneknirschend der Vitrine zugestimmt. Ihre Forderung, auf der Vitrine eine Katzen-Attrappe zu befestigen, hatte keine Mehrheit gefunden. Und die Hundebesitzer des Viertels hatten heftigen Protest gegen die Katzen-Attrappe angemeldet. Ihre Hunde würden angesichts der Katze wahrscheinlich durchdrehen, sich von der Leine losreißen, Menschen beißen oder auch die Herrchen selber, hatte es geheißen.
Erwin, der Besitzer vom patriotischen „Strammen Max“ gegenüber hatte an seiner Theke gebrüllt, er werde den Tierschutz informieren und wenn ein deutscher Falke Opfer der Grüner Propaganda werde, dann werde er mit seinem Jagdgewehr im „Hanf Nest“ aufräumen.
Rin-tin-Tim, Silke und Politikentzug
Rin-tin-Tim, grüner Revolutionär in Lauerstellung, hatte den Raben-Flug vom Tresen aus im „Hanf Nest“ beobachtet, die Augenbrauen hochgezogen, geseufzt und den Raben heimlich beneidet. Der hatte seine Bühne gehabt und er litt unter Wahlkampfentzug. Die Zeit bis zum nächsten Wahlkampf erschien ihm grausam. Sein Therapeut hatte ihm geraten, die Welt verbal einfach weiter zu retten.
Einen Programmwechsel in seinem Kopf in Richtung Alltag könne man therapeutisch bewirken. Das sei aber zeitintensiv und schwierig angesichts seines kargen Finanzbudgets. Langeweile und Trübsinn werde von der Kasse nicht als Therapiegrund anerkannt. Er sei aber auf einem guten Weg hin zur Depression. Diese sei eine anerkannte Diagnose und somit therapeutisch behandelbar.
Viel einfacher sei es aber, weiterhin Wahlkampf zu betreiben. Er könne sich ja einen eigenen Wahlkampfkanal im Internet zulegen oder Grüne Privat-Wahlkampfstände betreiben. Der Therapeut hatte erklärt, er könne sich eine Grüne Speakers-Corner am Wannsee in Berlin gut vorstellen. Tim sei nun mal darauf programmiert, Gutes und Grünes zu tun. Allein Tims Spitzname, Rin-tin-Tim, sei Programm. Er sei nicht nur als Therapeut sondern auch als Coach unterwegs. Vielleicht könne man ja die Grüne Partei zu einer Finanzierung dieses Coachings überreden. Vielleicht sei Tim ja nicht alleine betroffen.
Tim war in Kindertagen ein großer Fan der kanadischen Tierserie Rin-tin-tin gewesen. Ein kanadischer Schäferhund hatte die Welt in einer Fernsehserie gerettet und Tim hatte davon geträumt, im nächsten Leben ein Schäferhund zu sein und allseits beliebt. Seine Mitschüler hatten Tim gnadenlos in Rin-tin-Tim umgetauft und gemobbt. Nunmehr aber hatte der Rabe ihm die Show gestohlen. Schadenfroh hatte er halblaut gegrummelt, „Operation gelungen, Rabe tot“.
Silke, auf dem Tresen-Hocker nebenan, hatte einen Arm um Rin-tin-Tims Schulter gelegt. Auch sie litt an Wahlkampf-Entzugserscheinungen und daraus folgenden leichten Depressionen. Raben gehörten nicht zur politischen Zielgruppe der Grünen, hatte sie analytisch scharf festgestellt. Anstelle von Wortgemetzeln an Wahlkampfständen, giftete sie nun ersatzweise im Netz gegen Grüne Feinde und wartete auf einen neuen Wahlkampf- und Lebensimpuls. Sie war mit Kehrblech und Handfeger nach draußen gewieselt und hatte den propagandistischen Kollateralschaden im Bio-Mülleimer entsorgt.
Die Linke Vitrine: Sarah Wagenknecht Haarspange oder Kalaschnikow?
Nächste Woche würde die linke Fraktion im „Hanf Nest“ die Vitrine nutzen dürfen. Im linken Teil der Kneipe, den die Grünen nur betreten durften, um zur Toilette zu gehen, war eine heftige Diskussion entbrannt. Man müsse die Haarspange in der Vitrine ausstellen, die Sarah Wagenknecht bei ihrem Besuch im „Hanf Nest“ auf der Toilette vergessen habe, hatte die SWFF, die Sarah Wagenknecht-Frauen-Fraktion, gefordert. Dieser Personenkult stehe nur toten, historischen Revolutionshelden wie Lenin zu, hatte die russlandtreue Wodka-Fraktion protestiert. Wenn die Sarah diese Bedingungen erfülle, sei man gesprächsbereit.
Besser sei es, ein Foto der linken „Hanf-Nest“-Gruppe beim Besuch des Kalaschnikow-Museums in Russland auszustellen. Die politische Macht komme aus dem Laufe eines Gewehres, habe schon der große chinesische Führer Mao Tse-tung gesagt. Und das Foto zeige den Faschos vom „Strammen Max“ gegenüber, wie mit Nazis umzugehen sei. Besser sei noch eine echte Kalaschnikow in der Vitrine. Man werde die russische Botschaft um kollegiale Hilfe bitten. Sicherzustellen sei, dass die Polit-Aktion nicht das Leben von Raben, Katzen oder Hunden koste, man müsse mit seinen eigenen analytischen Kräfte schonend umgehen.
Raben hört die Signale!
Dann hatte die Rote Fraktion das Glas auf den Raben erhoben und den Tod des Raben politisch analysiert und aufgearbeitet. Man hatte sich darauf einigen können, dass laut Bert Brecht erst das Fressen und dann die Moral oder Vernunft komme. Das Raben-Verhalten sei angesichts des Futtermangels auch für Vögel in Berlin nachvollziehbar, aber politisch nicht akzeptabel.
Die Grüne Kampfaktion „ewige Sonnenblume“ zeige deutlich, wie im Sinne der revolutionären Ethik, Kunst politisch genutzt werden könne und müsse. Die Tiere dieser Stadt müssten in ihrem politischen Bewusstsein nachgeschult werden, war in einer langen Nachtsitzung beschlossen worden. Raben und andere gesellschaftliche Elemente dürften der Revolution nicht im Wege stehen. Ganz im Gegenteil, Raben und andere Tiere müssten in der vordersten Reihe geschlossen mitmarschieren gegen Ausbeutung und Not. Es gäbe genug Sonnenblumenkerne für alle. Entscheidend sei die gerechte Verteilung der Sonnenblumenkerne.