Satire: Die Helmut Kohl Brille

Ausschnitt aus dem Satire-Buch:

Satire: 2 Merkel/  3 Kohl/ 6 Seehofer / 1 Strauß/ 1 AKK

Sind die Kohlianer wieder da?

„Die Kohlianer sind wieder da“, hatte Konrad Florenz am Stammtisch in der „Fritten Schmiede“ in Klingebiehl erklärt. Ob das neue geile Außerirdische seien, hatte Frizzi, die junge Theken-Frau gefragt. Sie hatte bunte Tattoos und war ein Fan von Fantasy Filmen.

Das seien eher Gestrige hatte Konrad Florenz, Professor der Botanik im Ruhestand, geseufzt. Helmut Kohl sei sechzehn Jahre deutscher Bundeskanzler gewesen. Seine Fans nannten sich Kohlianer. Im Volksmund habe Kohl die „Birne“ geheißen. Der habe sich im Lauf seiner fünfmaligen Kanzlerschaft einen Riesen-Wanst angefressen. Er habe von 1982 bis 1998 Deutschland als Kanzler regiert, manche hätten ihn den „Schwarzen Riesen“ genannt.

Kohl habe damals gefordert, Deutschland müsse sich geistig und moralisch erneuern. Doch dann sei herausgekommen, dass Kohl in dieser Zeit fast zwei Millionen Mark an Bargeld Spenden für seine Partei, die CDU, angenommen hatte. Den Spendern hatte er sein Ehrenwort gegeben, ihre Namen nicht zu nennen. Kein Gericht und kein Parteifreund hatten ihm klarmachen können, dass auch ein Kanzler nicht über dem Gesetz stehe. Er hatte immerhin fünf Mal, also zu Beginn jeder Kanzlerschaft geschworen, die Verfassung zu schützen, so wahr ihm Gott helfe. Der schien ihn im Stich gelassen zu haben. Und auch seine Partei hatte ihn in die Wüste geschickt, er hatte zuletzt fast keinen politischen Einfluss mehr gehabt. Jetzt aber schien er wieder da zu sein, jedenfalls als geistiger „Schwarzer Riese“.

Ihn, den Botanik Professor, habe auf Umwegen der Bericht einer gefeuerten Bürgermeister-Sekretärin erreicht. Die behaupte, ein Opfer der Kohlianer zu sein. Sie wolle ungenannt bleiben, sie habe Kinder und Enkel und die Kohlianer seien eine mächtige Bande. Das sei echt spooky, hatte Frizzi erklärt und Konrad Florenz hatte den Bericht vorgelesen.

Toiletten Geflüster im Rathaus, der Führungs-Zirkel „Helmut Kohl“ rät

Der Bericht: „Der Bürgermeister hatte gehört, dass ihn Mitarbeiter den „Landrat“ genannt hatten, einer hatte ihn den „kleinen Schwarzen Riesen“ genannt. Alle hatten dabei gelacht. Der Bürgermeister war zutiefst beunruhigt gewesen. Was hier zwischen den Urinalen des Rathauses besprochen wurde, war ein Geheimnis. Oder führte er nun Selbst-Gespräche, hatte er sich gefragt? Oder war das die Folge seiner neuen Helmut Kohl Brille?

Als er sich den Popo abgewischt hatte und mit würdiger Bürgermeister Miene aus der Toiletten Kabine herausgetreten war, war auf der großen Toilette im Rathaus niemand mehr zu sehen gewesen.

Und natürlich hatten diese Stimmen recht, er wollte und sollte Landrat werden, aber das war geheim. Obwohl der Bürgermeister danach viel Zeit auf der Toilette verbrachte, hatte er die Stimmen nicht mehr gehört. Stattdessen hatte ihn seine Sekretärin gefragt, ob mit seiner Blase und der Prostata alles in Ordnung sei. Ob sie für ihn einen Termin beim Urologen machen solle. Bei ihrem Mann habe das auch so angefangen. Die Kohl Brille auf der Bürgermeister Nase hatte vor Empörung gezittert, der integrierte Kohl-Seismograf hatte Alarm geschlagen.

Der Führungs-Zirkel „Helmut Kohl“ hatte geraten, den Zwergen Aufstand im Keim zu ersticken. So sei es auch nachzulesen in der „Kohl-Fibel für den geistig und moralisch erneuerten Führer“. Der Bürgermeister hatte die Sekretärin, die einmal zu viel wie seine Mutter aufgetreten war, gegen eine junge, nicht übergriffige Sekretärin ausgetauscht. Deren koketter Augenaufschlag stellte ihm ganz andere Fragen.

Der schwarze Führung-Zirkel „Helmut Kohl“

Dass er Landrat werden wollte und sollte, war ein Geheimnis des schwarzen Führungs-Zirkels „Helmut Kohl“.  Hier hatte sich eine Gruppe von Patrioten zusammengefunden, die die Zeit der Herrschaft des „Schwarzen Riesen“ Helmut Kohl nicht als bleierne Zeit empfunden hatten, sondern als erfrischende Zeit geistig moralischer Erneuerung und Zeit genialen Netzwerkens unter dem Schutzmantel der Christlich Demokratischen Union (CDU).

Erst neulich hatte der Zirkel getagt und man hatte den Karriereweg Helmut Kohls als ideelles Muster nachgezeichnet. „Sein und leben wie Helmut Kohl“ hatte die Parole der Wochenend-Tagung gelautet. Der Bürgermeister hatte die Frage in den Raum gestellt, ob man durch eine äußerliche Angleichung dem Idol und seinem kreativen CDU-Denken näherkommen könne. Zu Adolfs Zeiten hätten alle einen Mini Schnäuzer getragen. Seine Frau nenne den verächtlich eine Schnott-Bremse. Ob der Zirkel auch solche Symbole nutzen solle. Der Superstreber der Helmut-Kohl-Fan-Truppe hatte dann mit dem Brillen-Blitz-Kurier für alle die Helmut Kohl Brille bestellt. Es war eine schwarze Hornbrille, die am unteren Rand durchsichtig war. Helmut Kohl hatte diese zeitlos schicke Brille, so der Streber, im Wahlkampf 1969 getragen. Der Streber hatte die Brille in der damaligen Sehstärke des „Schwarzen Riesens“ bestellt, eine Riesen-Überraschung sozusagen. Wenn man die Welt aus der Sicht Helmut Kohls sehe, sei alles sonnenklar, hatte der Zirkel-Chef verkündet und einen großen Obst-Korb mit Birnen und Schlagsahne auf den Tisch gestellt. Das solle die Kohlianer motivieren, sich auch figürlich dem großen Meister zu nähern.

Frauen gab es im Zirkel nicht. Die hätten zu Hause am Herd die Stellung zu halten, so die Firmen-Philosophie des Zirkels. Hinter jedem starken Kohlianer stehe eine starke Frau, hatte der Bürgermeister erklärt. Deren Haarfarbe sei im Ideal-Fall blond, brünett sei auch möglich. Der große Helmut habe das vorgelebt. Und im Übrigen, wenn der liebe Gott Frauen als Landräte zum Beispiel im Münsterland vorgesehen hätte, würde es die auch geben.

Durchblick mit der Helmut Kohl Brille

Alle Kohlianer hatten sich verpflichtet, diese Brille von Stund an zu tragen. So werde der Geist Helmut Kohls über sie kommen und sie fortan leiten. Mittags hatten alle Helmut Kohls Lieblingsgericht verspeist, einen pfälzischen Saumagen mit einem Wein aus Rheinland-Pfalz.

Die Helmut Kohl Brille war den Kohlianern unterschiedlich gut bekommen. Die bisher keine Brille trugen, hatten sich nach zwei Tagen Kohl Brille nur noch mit einem Krückstock oder tastend durch das Tagungs-Haus bewegt. Einen Kohlianer hatten dringende Amtsgeschäfte nach Hause gerufen. Im Dienstwagen mit Chauffeur hatte er sich aus dem Staub gemacht. Tags drauf hatte er Bilder mit der Kohl Brille auf der Nase geschickt. Die Brille aber hatte keine Gläser mehr gehabt. Er war aus dem Kohl-Zirkel ausgeschlossen worden. Man lasse sich nicht verkohlen, hatte der Zirkel ihm per Mail geschrieben, ihm fehlt es an moralischer Stärke.

Der Bürgermeister und die Kohl-Brille

Der Bürgermeister hatte wacker durchgehalten. Er war im Tagungshaus eine Treppe heruntergestürzt, hatte seine Brille aber weitergetragen. Nach dem Sturz hatte er zwei Stunden darauf bestanden, als Herr Bundeskanzler angeredet zu werden. Erst eine Kopfnuss des Zirkel-Chefs hatte ihn aber wieder auf Kurs gebracht.

Der Bürgermeister war auf der „Helmut Kohl Förderliste“ eine Stufe höher gerutscht, wegen moralischer Stärke und Tapferkeit. Er galt nun als „Landrat in Lauer-Stellung“. Er selbst nannte sich lieber „Landrat in spe“. Das war lateinisch und bedeutete „Landrat in Hoffnung“. Der nächste freie Landrat-Posten in einem schwarzen Herrschaftsgebiet würde ihm gehören, war versprochen worden. Da er aus dem Münsterland kam, wo Schwarz die natürliche politische Farbe zu sein schien, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch er zum erlauchten Kreis der Schwarzen Landräte gehören würde.

Er hatte einen „Kohlianer-Bürgermeister-Hausaufgaben-Plan“ für die Zeit bis dahin erstellt. Der Plan hatte im „Kohl Zirkel“ viel Beifall gefunden. Vorgesehen war, die geistig moralische Erneuerung der Verwaltung der Stadt konsequent durchzuführen. Geplant war die Besetzung strategischer Posten der Stadt mit rechtgläubigen Kohlianern. Wichtig erschien dem Bürgermeister dabei das Personalamt, das Presseamt, die Volkshochschule, die örtlichen Schulleitungen, der städtische Fuhrpark und die Überwachung öffentlicher Toiletten, inklusive der Toiletten im Rathaus. Als Bürgermeister habe er ein Recht, zu wissen, wer auf den Toiletten in seinem Herrschaftsbereich was über ihn sage oder über ihn lache, hatte er seiner Frau anvertraut.

Einen Extra-Applaus hatte der Bürgermeister für das neue Schulpflicht-Fach „Kohlianisch“ erhalten. So sollte der ordentlich ausgebildete Deutsche in Zukunft nicht mehr unerträglich oder ungeheuerlich sagen, sondern unerträglisch und ungeheuerlisch. Der sanfte, aber bestimmte Pfälzer Dialekt und seine Sprach-Sonderheiten sollten neben Englisch, Französisch und Deutsch Pflicht- und Abitur-Fach in seiner Stadt werden.

Konrad Florenz, hatte in der „Fritten-Schmiede“ in Klingebiehl eine Runde Schnaps für alle bestellt, Frizzi eingeschlossen. Frizzi hatte erklärt, sie werde ihrem Freund heute Abend sagen,“ Isch liebe Disch“. Auf dessen Reaktion sei sie gespannt. Dann hatten alle in der Schnaps-Runde schwören müssen, über die Kohlianer-Attacken erst einmal zu schweigen. Das gelte aber nicht für ihre Frauen, hatte die Männer-Schnaps Runde gefordert. Bei einem Kreuzverhör am Küchentisch würden sie sowieso alles erzählen.