Satire: Dudi Rudi und die rotblonde Nachbarin

Ausschnitt aus der Satire Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“ und dem „Hanf Nest“

Gerade hatte Dudi Rudi auf seinem Balkon seinen Posten bezogen. Er wäre gerne in früheren Zeiten Blockwart in der Sonnenblumen Straße in Berlin-Mitte gewesen, hatte er seinem Kumpel, dem Braunen Bruno, verraten. Aber vielleicht kämen die guten 30iger Jahre ja wieder mit deutscher Zucht und Ordnung. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und seinen Ordnungs-Blick nach links und rechts schweifen lassen, soweit der Specknacken das zuließ. Dann hatte er den rechten Arm in die Höhe gerissen und in die Mittagsruhe ein heiseres „Grüß dich, mein Freund“ gebrüllt. Es war niemand zu sehen gewesen, aber viele in der Sonnenblumen Straße in Berlin-Mitte hatten den Eindruck, Dudi Rudi habe einen Freund begrüßt, und genau das sollten sie glauben.

„Scheiß Asi“, hatte Christian Kriesaleck gemurmelt, der Nachbar von gegenüber aus der Reihenhaus Siedlung mit Garten, der eigentlich im Liegestuhl draußen die Mittagspause genießen wollte. Er war Filialleiter des nahen Rewe Marktes und hatte beschlossen, Dudi Rudi demnächst beim Einkauf im Supermarkt per Video-Überwachung kontrollieren zu lassen. In letzter Zeit waren auffällig viele Chips Tüten der Marke „Chili Scharf“ geklaut worden und von Dudi Rudis Balkon waren auffällig viele leere Chips Tüten der Marke „Chili Scharf“ in seinen Garten geweht worden, wenn Dudi Rudi und seine Kumpel Bierabende auf dem Balkon veranstalteten.

Dudi Rudi hatte laut gerülpst und gleichzeitig hatte er von rechts her eine rotblonde Frau mit Pudel auf seinen Balkon zukommen sehen. Er sei Multitasker hatte er dem Braunen Bruno erklärt. Er könne gleichzeitig rülpsen und pupsen und dabei noch eine Flasche Bier öffnen. Nur sich benehmen könne er nicht, hatte seine geschiedene Frau erklärt. Dudi Rudi vermutete, dass die Rotblonde ihren Pudel Gassi führen wollte. Er hatte wohlgefällig gegrunzt und sie angestarrt. “Ho-Ho“, hatte er gerufen. Ob sie ihn auch mal an die Leine legen könne. Sie hatte ihn feindlich angeschaut. Er hatte nicht lockergelassen. „Wohin des Weges, junge Frau“, hatte er nachgeschoben und sie dabei gönnerhaft über die Lesebrille angeschaut. Die Rotblonde hatte die Augen im Kopf verdreht und war wortlos mit dem Pudel am Balkon vorbeigegangen.

Abends hatte Dudi Rudi an der Theke seiner Lieblingskneipe in Berlin-Mitte, dem „Strammen Max“, erzählt, eine scharfe Blondine mit Pudel sei in der Nachbarschaft eingezogen und er habe sich bereits vorgestellt. Er, als Älterer, habe das Recht, sie anzusprechen und nachbarschaftlichen Kontakt zu ihr aufzunehmen. Er habe das mit Respekt getan, schließlich habe er Anstand. Der Braune Bruno hatte anerkennend mit der Zunge geschnalzt und erklärt, so spreche der Germane seine Mädels an. Da könnten sich die ausländischen Hotten-Totten Berliner mal eine große Scheibe von abschneiden.

Am andern Tag war die rotblonde Nachbarin mit Pudel wieder an Dudi Rudis Balkon vorbeigelaufen, gerade als dieser sich zur Mittagszeit ein kühles blondes Germanen Bräu und eine geklaute Chips Tüte der Marke „Chili Scharf“ genehmigt hatte. An ihrer Seite hatte sie einen schlanken jungen Mann der Hautfarbe, die Dudi Rudi gerne „café au lait“ nannte. Sie hatte dem jungen Mann im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange gegeben und seine Hand ergriffen.

Da habe er ganz dringend Laut geben müssen, hatte Dudi-Rudi abends am Tresen im „Strammen Max“ erzählt und er habe sofort einen seiner schönsten Lock-Schnalz-Laute in Richtung Blondine geschickt. Die habe sich schließlich in seinem Revier befunden. Sie und der junge Mann hätten ihn drohend angeschaut und da sei ihm die germanische Galle ins Blut geschossen. „Rassenschande“, habe er laut gerufen und die beiden missbilligend angeschaut. Die beiden hätten die Stirn gehabt, ihn böse anzuschauen und ihn einen „Fascho-Arsch“ zu nennen. Sein Nachbar, der Theo habe das alles mitbekommen, der sei gerade von der Arbeit nach Hause gekommen. Er habe sich erschüttert auf seine Couch auf dem Balkon gesetzt, die er mit der deutschen Fahne bezogen hatte. Die beiden hätte von ihm ein Foto gemacht und erklärt, dass sie ihn wegen Beleidigung anzeigen würden. Nachbar Theo, der Heimat Verräter, habe erklärt, er habe alles gesehen und stehe als Zeuge zur Verfügung. Theo schien das Pärchen besser zu kennen.

Er habe den strategischen Rückzug ins ausländerfreie Wohnzimmer angetreten und sich mit einem Germanen Bräu gestärkt. Dann habe er sich geistig und moralisch mit einem guten Germanen-Video aus der nordischen Kika-Serie „Wicki und die starken Männer“ wieder aufgebaut.